Das war der Hochschul- und Beratertag 2009
Zum Hochschul- und Beratertag 2009 hatte Amazone am 10.6.2009 nach Huntlosen (bei Oldenburg) eingeladen. Amazone Geschäftsführer Christian Dreyer ging bei der Begrüßung u.a. auf die wichtigen Funktionen der Beratung ein: „Die Landwirtschaft hat mittel- und langfristig hervorragende Perspektiven. Eine Voraussetzung für den Erfolg ist aber, die Kosten optimal zu managen. Dafür braucht die Landwirtschaft professionelle Unterstützung durch Hochschulen und Berater. Diesem Ziel sollen auch die Informationen und der Gedankenaustausch am Berater- und Hochschultag dienen.“
„Mehr mit Weniger“ – dass man entsprechend diesem aktuellen Schlagwort im Rahmen des 3C Cost-Cutting-Concepts mit Amazone-Maschinen tatsächlich mehr Leistung bei weniger Aufwand erreichen kann, offenbarten verschiedene Vorträge, Versuchsbegehungen und Vorführungen an diesem Tag. So erläuterte zunächst Dr.-Ing. Bernd Scheufler, Mitglied der Geschäftsleitung der Amazonen-Werke und dort verantwortlich für Forschung und Entwicklung in einem Vortrag, wie sich zukünftig die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft entwickeln werden. Die Weltbevölkerung werde rasant wachsen, während die nutzbaren landwirtschaftlichen Flächen nicht ausgedehnt werden können. Weil die Erträge demnach weiter gesteigert werden müssen und zugleich weniger Arbeitskräfte in der Landwirtschaft zur Verfügung stehen, müsse die Produktivität weiterhin überproportional wachsen, führte Dr. Scheufler aus.
Zugleich müsse man infolge des Klimawandels mit einer Zunahme von Trockenperioden, heftigen Niederschlägen und anderen Extremwetter-Ereignissen rechnen - auch im europäischen Raum. Dies werde zum Beispiel zu einer Verschiebung der Vegetationsperioden führen, zu höherem Krankheitsdruck, Schädlingsbefall sowie eingeschränkter Wasserverfügbarkeit.
Abnehmende Phosphorvorräte, so Dr. Scheufler weiter, erfordern in Zukunft einen deutlich effizienteren Umgang mit diesem Grundnährstoff und stellen neue Anforderungen an die Düngetechnik. Auf mehr oder weniger inhomogenen Ackerflächen werde Precision Farming mit den Bereichen teilflächenbezogene Bewirtschaftung, Geräteführung und Managementsysteme immer wichtiger.
In seinem Ausblick bewertete Dr. Scheufler auch die Feldroboter-Technik, an der Amazone zusammen mit der Fachhochschule Osnabrück arbeitet. Wenn diese Technik einmal praxisreif sei, gebe es ein Management, welches alle Prozesse miteinander vernetzen kann, und die „Systeme von morgen“ könnten sich selbst organisieren.
In die aktuelle Landwirtschaft Russlands …
… und damit weit über die Grenzen Deutschlands hinaus führte ein Vortrag von Eckart Hohmann. In Kolpna, ca. 400 Kilometer südlich von Moskau, hat der studierte Landwirt zusammen mit seinem Geschäftspartner Landwirtschaftsmeister Mario Liedtke einen landwirtschaftlichen Betrieb aufgebaut, der heute 2.000 ha LN umfasst. Bei der Gründung im Jahr 2005 waren die Flächen teilweise über 12 Jahre nicht bewirtschaftet worden und mussten zunächst wieder urbar gemacht werden (Glyphosat-Behandlung, Grunddüngung).
Eckart Hohmann berichtete mit seiner Betriebsbeschreibung über eine Welt, die vielen Zuhörern bislang unbekannt war: Homogene Schwarzerdeböden, 500 mm Jahresniederschlagsmenge, Temperatur-Extreme bis zu 40 Grad im Sommer und minus 35 Grad im Winter. Die Fruchtfolge besteht zu jeweils einem Drittel aus Sommerraps, Sommergerste und Winterweizen. Die Betriebsleiter setzten von Anfang an auf eine pfluglose Bodenbearbeitung; zurzeit kommt im ersten und zweiten Arbeitsgang eine Kurzscheibenegge Catros mit 7,5 m Arbeitsbreite zum Einsatz. Den zweiten Arbeitsgang soll demnächst eine Grubber-Scheibeneggenkombinationen Centaur erledigen, da nicht nur die Erträge, sondern auch die Strohmengen zunehmen. Und die müssen gut mit dem Boden vermischt werden, da die Zeitfenster zwischen Sommergersten-Ernte und Winterweizen-Saat extrem kurz sind: Ernte ab 1. 8., Aussaat vom 20.8. bis 10.9. (Nachtfröste ab Oktober). Nach Winterweizen erfolgt die erste Bearbeitung im Herbst, die zweite kurz vor der Saat im Frühjahr. Die erste Düngergabe ist ab ca. 10. April möglich, die Bodenbearbeitung zwischen dem 10. bis 20. April, die Saat ab 20. April.
Seit 2005 konnten die Erträge deutlich gesteigert werden und erreichen heute beim Weizen 5 bis 6 t/ha, bei Sommergerste ca. 5 t und Sommerraps etwa 3 t. „So wirtschaften wir in diesem Jahr erstmals profitabel,“ berichtete Eckart Hohmann. Als Gründe dafür sieht er nicht nur die Ertragssteigerungen und die Möglichkeit, die Sommergerste als Vermehrungs-Saatgut vermarkten zu können, sondern auch den geringen Maschinenbesatz. So kommt der Betrieb auf den 2.000 ha mit nur zwei 250 PS-Traktoren zurecht. Bei Verlade- und Transportarbeiten wird russische Technik eingesetzt, bei den Präzisionsarbeiten Düngung, Pflanzenschutz, Bodenbearbeitung und Saat aber westliche Technik (ZA-M ultra und UX 4200 mit 36 m Arbeitsbreite, Cirrus Special). Zwei Claas Mähdrescher zählen für Eckart Hohmann ebenfalls zu den Schlüsselmaschinen, da er es im Hinblick auf die Bodenbearbeitung für sehr wichtig hält, die Halme flach zu mähen, das Stroh kurz zu häckseln und gut zu verteilen.
Um die Beschaffung von Betriebsmitteln, aber auch um die Vermarktung und den Abtransport der Ernte müsse man sich in Russland viel intensiver als z.B. in Deutschland kümmern und vieles davon noch stärker in Eigenregie erledigen. Ersatzteile, Pflanzenschutzmittel und Dünger würden aber fast genauso pünktlich und zuverlässig geliefert wie im Westen auch. Ein großes Lob sprach der Referent den russischen Mitarbeitern aus und betonte zugleich das gute und freundliche Verhältnis zu den Nachbarbetrieben sowie zu den Behörden.
Bericht von den Amazone Versuchsflächen
Daran, dass Amazone auch auf dem Betrieb von Eckart Hohmann und Mario Liedtke seit zwei Jahren eine Versuchsanlage betreibt, konnte Dr. Thomas Wilde, Produktmanager bei Amazone, in einem weiteren Vortrag nahtlos anknüpfen. Dr. Wilde stellte die deutschen und internationalen Versuchsstandorte vor, auf denen Amazone in Kooperation mit Landwirten und Wissenschaftlern Pflugverfahren, Mulchsaatverfahren und Direktsaat bei unterschiedlichen Boden- und Klimaverhältnissen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, so Dr. Wilde, dass Mulchsaatverfahren auf allen Standorten mindestens gleich hohe Erträge liefern wie das Pflugverfahren, die Kosten im Hinblick auf Kraftstoffverbrauch und Arbeitszeitbedarf aber deutlich günstiger liegen. Zwischen verschiedenen Fruchtfolgegliedern gelte es dabei, die Bearbeitungsintensität und -tiefe zu variieren, was zukünftig noch stärker in die Versuchsaktivitäten von Amazone einfließen werde. Für die Technik bedeute das andererseits, dass mehr und mehr solche Maschinen gebraucht werden, die sowohl flach als auch tief arbeiten können.
Welche Technik zukünftig gebraucht wird …
dazu stellte anschließend Dr. Sven Dutzi, Leiter des Amazone-Produktmanagements, eine Vielzahl von Perspektiven vor. Oberstes Ziel aller Entwicklungen sei es, die Leistung weiter zu steigern und die Kosten zu reduzieren, zugleich müsse man noch effizienter mit den Ressourcen wie z. B. Bodenwasser, Phosphor und den fossilen Energien umgehen, stellte Dr. Dutzi fest. Nicht nur bei Maschinensteuerung, sondern auch im Hinblick auf die zunehmend wichtigere teilflächenspezifische Bearbeitung komme der Elektronik eine immer größere Bedeutung zu; je nach Einsatzbedingungen, gelte es zukünftig außerdem, verschiedene Arbeitsgänge stärker miteinander zu kombinieren. Als weitere Fragestellungen stellte Dr. Dutzi die effizienteste Düngerausbringung, eine „ultraflache“ Bodenbearbeitung, aber auch die Veränderung von Reihenweiten bei weiter reduzierten Saatstärken für Raps und Getreide und damit die Einsatzmöglichkeiten moderner, schneller Einzelkornsämaschinen in den Raum. Im Hinblick auf Erträge und Einsatzsicherheit, auf Klimawandel und Wetterextreme müsse man auch bei der Sätechnik prüfen, welche Wege unter den verschiedenen Bedingungen in die Zukunft führen.
„Die Herausforderungen der Zukunft werden die Verfahren weiter verändern. Damit wir die richtigen Verfahren entwickeln, sind die Praxisversuche in Zusammenarbeit mit Landwirten, Wissenschaft und Beratern so wichtig,“ lautete das Fazit von Dr. Dutzi.
Im praktischen Teil der Berater- und Hochschultage …
berichteten zunächst Jan Juister und Tjard Ommen von der privaten Pflanzenbauberatung Region Weser-Ems direkt auf den Flächen über die Fragestellungen und Ergebnisse der Amazone-Versuche in Huntlosen. Bereits seit acht Jahren wird hier erfolgreich pfluglos gearbeitet. Neben den Verfahrensvarianten werden in Huntlosen verschiedene Sorten auf ihre Eignung für Mulchsaatverfahren geprüft, außerdem Herbizidversuche durchgeführt.
In drei Praxis-Workshops demonstrierte Amazone anschließend verschiedene Beispiele zum aktuellen Stand der technischen Entwicklungen. So wurde in Workshop 1 zusammen mit dem Partner Grasdorf-Wennekamp u.a. die Bedeutung von richtiger Bereifung und Reifendruck dargestellt.
Workshop 2 behandelte verschiedene Sätechniken und ihre Verfahrenseinbindung: Je nach Standortanforderungen bietet Amazone Direktsaat-Maschinen mit fest angelenkten Scharen oder solche mit einzeln geführten Scharen und Bodenanpassung an. Bei Mulchsaatverfahren kommen z.B. die Solosämaschinen Citan und die Einzelkornsämaschine EDX zum Einsatz, die eine mehr oder weniger intensive Vorarbeit im getrennten Arbeitsgang erfordern. Letzteres ist bei den Sämaschinen Cirrus Super oder Special nicht erforderlich, da sie mit vorarbeitenden Scheibeneggen-Segmenten ausgerüstet sind. Für Mulchsaat und Pflugverfahren gleichermaßen geeignet ist z.B die Sämaschine Cirrus Activ, da sie das Saatbett mit höhenverstellbaren Kreiselgrubbern vorbereitet.
In Workshop 3 ging es um innovative Elektronik-Systeme: Hier demonstrierte das Institut für Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik der Universität Kiel seine Versuche zur teilflächenspezifischen Bodenbearbeitung mit einem 3 m breiten Centaur, die Universität Hohenheim das Scharmodell einer Einzelkornsämaschine, welches abhängig von der Bodenfeuchtigkeit die Saat in unterschiedlicher Tiefe ablegt. Als ein weiteres innovatives Elektronik-System zur Steigerung von Schlagkraft und Komfort stellte Amazone die GPS-gestützte automatische Teilbreitenschaltung GPS-Switch vor.
Der Hochschul- und Beratertag 2009 …
hat erneut gezeigt, wie wichtig der Dialog zwischen Wissenschaft, Praxis und Industrie ist – darüber waren sich alle Beteiligten einig. Das nächste Mal soll er im Juni 2010 mit den Schwerpunkt-Themen Düngung, Pflanzenschutz und Elektronik stattfinden.